Weitere Haftungsrisiken für Steuerberater
1. Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG):
Nach der Entscheidung des BGH vom 26.01.2017 bestehen bei Insolvenzreife umfangreiche Pflichten des Steuerberaters, die mittlerweile häufig zu Haftpflichtfällen führen. Durch das COVInsAG sind diese Haftungsgefahren eher größer geworden.
Ein neues Gesetz weitet die Pflichten der Geschäftsleitung und damit die Aufklärungspflicht des steuerlichen Beraters noch einmal aus.
Seit dem 18.09.2020 liegt der Referentenentwurf des Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (SanInsFoG) vor. Der Entwurf umfasst nicht nur Regelungen über präventive Restrukturierungsrahmen und über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz und Entschuldungsverfahren, sondern auch zahlreiche Änderungen der Insolvenzordnung (InsO) und anderer Gesetze. In seiner derzeitigen Ausgestaltung bedeutet das SanInsFoG den größten Eingriff in das deutsche Insolvenz- und Restrukturierungsrecht seit Inkrafttreten der InsO im Jahr 1999.
Herzstück des SanInsFoG ist die Einführung des Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetzes (StaRUG). Ein gesetzlicher Rahmen für ein spezifisches Instrumentarium zur außerinsolvenzlichen Sanierung von Unternehmen soll geschaffen werden.
Das SanInsFoG bringt ferner erhebliche Änderungen der InsO mit sich. Erwähnenswert sind hier insbesondere die Festlegung von Prognosezeiträumen für die Beurteilung der drohenden Zahlungsunfähigkeit, 24 Monate, sowie für die Fortbestehensprognose im Rahmen der Prüfung des (Nicht-) Vorliegens einer Überschuldung im Sinne des § 19 InsO (sechs Wochen).
2. Haftung der Geschäftsleitung:
Für die Geschäftsleitung des Krisenunternehmens entstehen neue Haftungsvorschriften nach § 2 Ref-E StaRUG:
Gemäß § 2 Abs. 1 Ref-E StaRUG ist die Geschäftsleitung im Fall einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft verpflichtet, die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren. Verletzt ein Geschäftsleiter schuldhaft diese Pflicht, haftet er gegenüber der Gesellschaft für den entstandenen Schaden. Wird die Pflichtverletzung zu einem Zeitpunkt begangen, in dem bereits eine Restrukturierungssache bei Gericht anhängig war, können die vorgenannten Ansprüche auch von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden. Hierbei soll es sich ausweislich der Begründung zum Referentenentwurf um eine Außenhaftung unmittelbar gegenüber den Gläubigern handeln. Dieses Haftungskonzept stellt eine Verschärfung der Haftung der Geschäftsleitung eines (nur) drohend zahlungsunfähigen Unternehmens gegenüber der derzeit geltenden Rechtslage dar.
Ein Haftungsrisiko besteht also schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit. Nach § 1 Ref-E StaRUG ergibt sich die Pflicht der Geschäftsführung zur fortlaufenden Überwachung über Entwicklungen, die den Fortbestand der juristischen Personen gefährden können. Dabei geht es um einen Beobachtungszeitraum von 24 Monaten. Eine Pflichtverletzung liegt nur dann nicht vor, wenn der Geschäftsleiter vernünftigerweise davon ausgehen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen die Interessen der Gläubiger zu wahren, wobei ihn die Beweislast trifft.
Meines Erachtens bedeutet dies, dass der Geschäftsleiter gehalten ist, eine zweijährige Ertrags-, Finanz- und Liquiditätsplanung zu erstellen und diese permanent fortzuführen. Nur auf der Grundlage einer solchen seriösen Planung kann er sich exkulpieren.
3. Haftung des Steuerberaters:
Nach der Entscheidung des BGH vom 26.01.2017 (Az. IX ZR 285/14) besteht eine umfangreiche und explizite Hinweispflicht des Steuerberaters bei Insolvenzreife. Die Entscheidung hat dazu geführt, dass Insolvenzverwalter verstärkt Schadensersatzprozesse gegen Steuerberater führen.
Es ist meines Erachtens davon auszugehen, dass sich diese Hinweispflicht auf oben beschriebene Gefahren bei drohender Zahlungsunfähigkeit bezieht. Der Steuerberater muss also noch umfangreicher als bisher aufklären und hinweisen. Er sollte auf die Errichtung einer fortlaufenden zweijährigen Finanz- Ertrags- und Liquiditätsplanung bestehen.